4. Sonntag nach Trinitatis

Gottesdienst zum 4.Sonntag nach Trinitatis ,05.07.2020 ,

Predigt über Römer 12, 17 - 21

 

Text:  17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. 19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« 20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22). 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

 

Ihr Lieben,

dieser Abschnitt aus dem Brief an die Gemeinde in Rom ist ein revolutionärer Aufruf! Er entspricht zwei Grund Auffassungen Jesu Christi:

  • zum einen die Aussage: liebet eure Feinde; tut Gutes denen die euch hassen LK 6, 27
  • zum anderen die Verheißung: selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Mt 5, 9

 

Es ist in den Menschen eine Sehnsucht angelegt, Gutes zu tun und Frieden zu halten mit jedermann. Auf der Suche nach der Erfüllung dieser tiefsten Lebenssehnsucht lässt Goethe seinen Doktor Faustus viel durchleben, bis er entdeckt, wie erfüllend es ist, Gutes zu tun.

Von Lenin, dem Revolutionsführer, der auch ein dialektischer Denker war, ist der Satz überliefert: „Ich kenne nichts Besseres als die Appassionata von Beethoven, ich könnte sie jeden Tag hören. Eine erstaunliche, nicht mehr menschliche Musik. Doch kann ich die Musik nicht oft hören, sie greift die Nerven an, man möchte liebevolle Dummheiten sagen und den Menschen die Köpfe streicheln...

(Die Äußerung hat der  Schriftsteller Maxim Gorky in seinem berühmten Aufsatz „Lenin“ überliefert.)

 

Es ist doch interessant, wie selbst Menschen, die im Stande sind unzählige in den Tod zu schicken, im Herzen die Sehnsucht tragen, liebevoll zu sein und Gutes zu tun. Und es bleibt die bohrende Frage: warum kann der Mensch nicht gut sein?

Die Antwort ist einfach: diese Welt ist an sich durchzogen von einer unwiderstehlichen Rebellion gegen Gottes Geist, der den Menschen in die Lage versetzt, selbst über seine eigenen Interessen hinaus, Gutes zu tun.

Ist unser menschliches Miteinander also verloren?

 

Es gibt einen Silberstreif am Horizont, der über Jahrtausende hinweg leuchtet. Er ist noch nicht endgültig aufgegangen zur vollständigen Sonne - er ist aber auch nicht endgültig untergegangen zur vollständigen Finsternis. Es ist das Vorbild und die Botschaft Jesu Christi, die Kraft seines heiligen Geistes in den Menschen wirkt, die sich ihm anvertraut haben. Durch sie leuchtet die Liebe Gottes immer noch in die Welt hinein.

 

Zunächst gilt es zu beachten, dass die Bibel sehr nüchtern von der Realität des Bösen in der Welt und im Menschen redet. Der Mensch ist nicht von Grund auf gut! Die Humanisten irren sich leider, weil die beste humanistische Erziehung den glühenden Krater des Bösen nicht löscht. Sie kann ihn lediglich überdecken. Aber wehe wenn er Druck bekommt, dann bricht er fürchterlich aus. Die Bibel verschweigt nicht, dass Menschen aktiv gegeneinander böse sind. Und ihre ersten Regeln sprechen auch davon dass man das Böse mit gleicher Macht bekämpfen soll. Die alte Mosaische Regelung: Auge um Auge, Zahn um Zahn, soll lediglich Gewalt-Exzesse verhindern.

Wer eine gerechte Rache fordert, kapituliert aber im Grunde vor dem Bösen. Denn er versucht, Böses mit Bösem zu vergelten. Anstatt das diese Gerechtigkeit Frieden schafft, hält sie das Böse lediglich mit Gegengewalt in Schach.

Wer das Rad der Vergeltung dreht, erweitert aber die Spirale der Gewalt und damit den Machtbereich des Bösen. Gerade wer meint, das Böse mit Bösem vernichten zu können, ist ein Sämann des Bösen und wird ein Vielfaches seiner Saat ernten müssen.

 

Jesus Christus hat mit seinem Leben und in seinen Gleichnissen zwei Dinge sehr deutlich gemacht:

  • es gibt eine absolute Gerechtigkeit, die Gott höchst persönlich überwacht und letztendlich auch durchsetzen wird.
  • Es gibt eine erschütternde Unfähigkeit des Menschen, die Gerechtigkeit Gottes von sich aus anzuerkennen

 

Mit beidem konfrontiert uns Gott immer wieder und wir tun gut daran Gott mit der heilsamen lutherischen Dialektik zu respektieren: „Du sollst Gott fürchten und lieben…“, - - Wenn wir uns selber überwinden lassen von seinem guten Geist und Sinn, dann empfangen wir aus diesen beiden Gesichtspunkten eine heilsame Ausrichtung. Die Verantwortung für unser Leben steht nun vor dem höchsten Richter, der alle Welt aus aller Zeit absolut gerecht richten wird, wenn er die Zeit für gekommen hält. Die Beurteilung über unser Tun und Lassen überlassen wir diesem Herrn und empfangen von ihm ganz neue Maßstäbe, die unser Denken reden und Handeln mehr und mehr bestimmen sollen.

- Wenn wir uns selber überwinden lassen von seinem guten Geist und Sinn, dann werden wir unsere Maßstäbe in Gottes Han legen und von ihm neue Befreiung aus der menschlichen Enge (psychisch wie physisch) bekommen.

Wer der Einladung Jesu Christi folgt: kommt her zu mir… ich will euch befreien von allem, was euer Leben bindet, der empfängt auch die Lebensaufgabe von ihm: lernt von mir und zwar Demut und Sanftmut!

Zurück zu Paulus und seinen Brief an die Römer Kapitel 12

Dieses ganze Kapitel ist eine großartige Ermahnung zu einem neuen Leben! Paulus will nicht weniger als der Gemeinde Jesu Christi aufzeigen, wie es gelingen kann, die Welt zu verändern! In unserem Predigtabschnitt ist der Kern seiner Botschaft: das Wesen Gottes, die Liebe entwickelt ihre größte Kraft, wenn sie diejenigen liebt, die noch Sklaven des Bösen sind. Sklaven? JA - die Bosheit nimmt den Menschen in ihre Gewalt und er rast wider Willen mit Bosheit und Haas und Brutalität gegen alles, was ihm im Weg zu stehen scheint. Es gibt kein Mittel das Böse zu überwinden außer man lässt es ins Leere laufen! Dazu bedarf es einer außerordentlichen Kraft. In Vers zwölf ist die Quelle dieser Kraft gegeben:

„seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet!“

Freude, Geduld und unbegreifliches Durchhaltevermögen sind die Tugenden, die alles Feuer des Bösen löscht.

Wunderbare Theorie! Wie soll das denn gelingen? Fassen wir zunächst kurz zusammen:

  • die Welt ist böse – das ist nun einmal anzuerkennen
  • Der Mensch aber im Grunde seines Herzens liebt gut zu sein!
  • Nicht aber mit seiner eigenen Gewalt kann er das böse überwinden
  • Wer Böses mit Bösem bekämpft, weitet dessen Machtbereich nur aus.
  • Die Lösung liegt in der alles überwinden Liebe Jesu Christi.
  • Wer ihm nachfolgt, wird zum Werkzeug des Friedens – nicht er in seiner Macht schafft den Frieden sondern er handelt in der Kraft und im Auftrage Gottes mit den Mitteln die Gott ihm gibt: Sanftmut, Liebe und Vergebung, Verzicht und Hingabe - bis zur Selbsthingabe!

 

Die Christen zu allen Zeiten haben mit diesen Mitteln Gottes die Welt verändert!

 

Unser Kirchenpatron Paul Gerhardt singt es uns ins Herz hinein:

 

8. Ihn, ihn laß tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
daß du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
die Sachhinausgeführet,
die dich bekümmert hat.

 

 Es ist ein großes Geheimnis, dass wir nur mit Glauben und kindlichen Vertrauen annehmen können, dass Gottes Plan und Wirken letztendlich das Allerbeste ist.

 

Nur allzu oft sehen wir in unserem Alltag kein Eingreifen Gottes, wo es nach menschlichem Ermessen dringend geboten wäre. Ein Mensch ballt dann die Faust zum Himmel und schreit: Gott warum handelst du nicht!

Ein Kind Gottes aber kniet nieder und falte die Hände und bittet wie sein Herr: Vater im Himmel, nicht mein Wille sondern dein Wille geschehe!

Es ist vermessen zu glauben wir könnten aus eigener Kraft den, der uns Böses antut, freundlich und liebevoll behandeln! Immer wieder schreibt Paulus an seine Christen, die um ihres Glaubens willen entsetzliches Leid zu tragen hatten: haltet an am Gebet! Das Gebet öffnet Gottes Schatzkammer! Das Gebet bereichert die Bittenden mit geistlichen Gaben und bewirkt, dass sie Gott den Vortritt lassen. Nun ist Gott selbst am Drücker. Er kann seine ganze Macht ausspielen, weil die Beter sich zu seinen Friedenswerkzeugen hingegeben haben.

Ein großartiges Vorbild ist Franz von Assisi! Sein Gebet bewegt uns dazu, die guten Vorbilder nachzuahmen, um in unserer unmittelbaren Umgebung den Einfluss des Bösen zu löschen.

 

Wir wollen das Friedensgebet zum Abschluss unseres Gottesdienstes Miteinander der beten:

 

 

O Herr,

mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,

dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt, dass ich verbinde, da, wo Streit ist,

dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,

dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.

Herr, lass du mich trachten: nicht, dass ich getröstet werde,

sondern dass ich tröste; nicht, dass ich verstanden werde,

sondern dass ich verstehe; nicht, dass ich geliebt werde,

sondern dass ich liebe.

Denn wer da hingibt, der empfängt; wer sich selbst vergisst, der findet;

wer verzeiht, dem wird verziehen; und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben.     (EG 825)