Trinitatis

Predigt zum Sonntag Trinitatis ,07.06.2020 in der Paul-Gerhardt-Kirche in Osnabrück

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geist es sei mit uns allen. Amen

 

Das Predigtthema für diesen Sonntag Trinitatis ist eines der wichtigsten Elemente des sonntäglichen Gottesdienstes – und darüber hinaus des christlichen Lebens:

 

Der Segen Gottes

– genauer gesagt geht es um den Schluss-Segen den so genannten Aaronitischen Segen

 

Wir wollen versuchen, den Segen und seinen Hintergrund ein wenig genauer verstehen zu lernen.

 

In meiner ersten Gemeinde habe ich in der Kinder-Bibelwoche immer eine Handpuppe gehabt, die die Bibelwoche eigentlich geleitet hat. Jeden Tag beendeten wir mit einem kleinen Gottesdienst, an dessen Ende natürlich der Segen besprochen wurde. Wenn ich dann sagte `jetzt kommt noch der Segen´ dann spielte meine Handpuppe verrückt: „Au ja Sägen finde ich toll! Ich hohle gleich meinen Helm und meine Handschuhe!“Halt, hab ich dann gerufen, warum das denn?“Na zum Sägen braucht man Sicherheitskleidung! sagt meine Handpuppe bestimmt, Weißt du das nicht? Du bist wahrscheinlich wieder einer von diesen ganz Tollen, die die Säge in die Hand nehmen, ohne sich zu schützen und wenn dann was schief geht … oh Weiaweiaweia… Vor allem die mit der Motorsäge …“ dann mache ich das Geräusch einer Motorsäge… Motorsäge finde ich super klasse, sagt die Handpuppe, aber dazu braucht man Handschuhe, Helm mit Visier und Sicherheitsschuhe! So jetzt geh ich meine Sachen holen!“ „Halt rufe ich wieder, wir sägen hier nicht mit einer Motorsäge…“ „Oooh wie schade, sagt meine Handpuppe, mit der Hand sägen ist doof! Im übrigen ist es sehr anstrengend und es dauert viiiiel länger! Motorsäge ist klasse…“  ´wroooom` mache ich wieder das Geräusch einer Motorsäge… „Also hier geht es überhaupt nicht um Sägen, sage ich und natürlich guckt mich die Handpuppen völlig betröppelt an - ich sagte: wir kommen zum Segen!! Segen ist nicht sägen…“

 

Man kann mit diesem Wortspiel wunderbar die Aufmerksamkeit auf die Frage lenken, was sich denn überhaupt dahinter verbirgt, wenn man Gottes Segen jemandem zu spricht.  Schon bei der Formulierung steckt einige Theologie dahinter. Was tue ich denn, wenn ich sage: Gott segne dich… Wünsche ich lediglich etwas schönes… Ist das vielleicht sogar ein Gebet mit dem ich Gott bitte, dass er etwas Gutes tue?… Oder passiert gar etwas, wenn ich jemandem den Segen zuspreche?

Ich lese uns einmal den Predigttext aus dem 4. Buch Mose Kapitel 6, 22-27:

 

Und Gott der Herr redete mit Mose und sprach zu ihm: sage Aaron und seinen Söhnen und spricht zu ihnen: also sollt ihr zu den Kindern Israel sagen wenn ihr sie segnet:

der Herr segne dich, und behüte dich;

der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir, und seid ihr gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über dich, und gebe dir Frieden.

Denn ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israel legen und ich will sie sehen.

 

Gott sagt also zum einen, dass sie diese Worte des Segens benutzen sollen, um den Namen Gottes auf das Volk zu legen! Zum anderen sagt er, dass er sie damit segnen will!

 (Wenn Gott sagt: ich will! Dann tut er es auch! Gottes Wille ist sein Handeln! Daraus folgt dass der Segen, den die Priester über das Volk aussprechen, das Handeln Gottes in Gang setzt (vgl. untern Thema Jussiv))

Die Priester sollen genau diese Worte sprechen – Gott will diese Worte gesprochen haben. Und damit legen sie Gottes heiligen Namen auf das Volk! Was heißt denn das?

Den Namen Gottes über etwas ausrufen heißt, eine Besitzerklärung vollziehen: Ihr, die ihr machen meinem Namen genannt seid… (Sach 13,9 bzw. Jes. 43,7 u.ä )

Wie der Familienname die Geburt, die Herkunft und die Zugehörigkeit eines Menschen definiert, so besagt das Auflegen des Namens Gottes, dass wir ihm gehören.

 

Sprechen wir diesen Segen über einen Menschen, so geben wir ihm Gottes Zugehörigkeit (nach seinem Namen genannt) und setzen Gottes Handeln frei. Denn Gott hat versprochen wenn ihr so sprecht, so will ich segnen!

 

Nun schauen wir einmal genau auf die Worte, die Gott als Schluss-Segen gesprochen haben will.

Dazu hilft uns die Erklärung von Martin Luther aus dem Jahre 1532. Vorweg sei etwas über den Aufbau gesagt.

Der Segen hat drei Zeilen. Jede Zeile beginnt neu mit der Namensnennung Gottes: Jahwe segne… Jahwe lasse sein Angesicht… Jahwe erhebe sein Angesicht...

Eine sehr herausgehobene Form, das Handeln Gottes zu erklären.

  • Liegt in dieser dreimaligen expliziten Nennung des Namens die Person Gottes als Dreieinigkeit bzw. Dreifaltigkeit zu Grunde? Die Trinität ist ja keine Idee des neuen Testaments! Die Dreifaltigkeit Gottes finden wir schon in dem ersten Buch der Bibel und sie hört nach dem letzten Kapitel der Bibel nicht auf!

 

Obwohl dieser Segen der ganzen versammelten Gemeinde gilt, ist die Anrede doch im Singular. Gott will das Volk segnen und redet es mit du an – Gott will uns als Gemeinde segnen und redet wen an?

Sie dürfen sich persönlich angesprochen fühlen! Natürlich meint Gott dich, weil er dich segnen will. Aber er meint dich nicht alleine, abgesondert von all den anderen, die mit dir in der Gemeinde sind. Wenn Gott du sagt, meint er jeden einzelnen in seiner Verantwortung für die Gemeinschaft und so einen gemeinsamen `Gemeinde-Leib´, der von allen zusammen gebildet wird. Gott spricht seine Gemeinde oft im Singular an. Nur zusammen wie ein Mensch bzw. wie ein Leib stehen alle unmittelbar vor Gott. Erst danach geht es auch um den Einzelnen individuell.

 

Interessant an den drei Sätzen des Segens ist die grammatische Formen der Verben. Man nennt sie den Jussiv. Wir kennen diese Form vom Schöpfungsbericht: Gott sprach: Licht werde! (Luther übersetzt: es werde Licht) Es solle Licht werden… ist eine Befehlsform und genauso geschieht es auch!  Diese Form wird im deutschen häufig mit dem Konjunktiv übersetzt. Aus dem Schöpfungsbericht und aus der abschließenden Zusicherung Gottes in unserem Preditgtext, können wir für unsere Segensverse etwas wichtiges gewinnen: Gott will das tun, was der Segnende in diesen Sätzen nach Gottes willen über den Menschen ausspricht. Wenn wir also sagen: der Herr segne dich und behüte dich, dann ist das mit Gotteswillen abgesichert, das Handeln Gottes. Was im Deutschen wie ein Konjunktiv aussieht: Gott möge dich doch segnen – er möge dich doch behüten… klingt nach einem Wunsch, auf den man sich auf keinen Fall verlassen kann. Wenn Gott etwas tun möge, können wir genauso davon ausgehen, dass er es vielleicht nicht tun möchte. Gott möge dich behüten – wenn er es aber nicht will, bleibst du leider unbehütet…?

Es stehen aber in den drei Segensteilen jeweils zwei Jussivverben d.h. Gott will das tun. So wie es Licht wurde, als Gott sprach: Licht werde!

Nun schauen wir noch darauf was uns in diesen drei Segenssätzen zugesprochen wird.

 

Martin Luther hat in seinem Traktat: „Vom Segen so man nach der Messe spricht über das Volk“ ein paar interessante Aspekte hervorgehoben, die diese drei Segens-Abteilungen konkretisieren helfen. (in Anführungsstriche stehen hier die Lutherzitate)

 

  1. Der Herr segne dich und behüte dich. Man kann den Segen Gottes aus den biblischen Beispielen sehr wohl als „leiblich Leben und Gut“ verstehen. Dieses zu behüten und zu bewahren ist ein großes Anliegen Gottes. „Wenn Gott es nun giebet und wir haben eitel Gottes Gabe, dass er es auch behüte und bewahre, als, den Leib vor Krankheit und Plagen, dass Vieh, Haus, Acker, vor Feuer, Wasser, Ungewitter und allerlei Schaden. Solcher Segen lehret uns, dass wir dankbar sein sollen und erkennen, dass unser Leib und Leben, samt allen Gütern und Notdurft nicht durch unser Werk gewonnen werden mögen, auch nicht durch unseren Fleiß und Sorge bewahret noch erhalten werde, sondern es ist alles Gottes Segen, Gottes Hut und Sorge.
  2. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. „Das andere Stück betrifft das geistliche Wesen und die Seele... und ist auf Deutsch so viel gesagt: Gott der Herr zeige sich dir freundlich und tröstlich, sehe dich nicht sauer an, noch zornig, erschrecke dein Herz nicht, sondern lache dich fröhlich und väterlich an, dass du fröhlich und getrost von ihm werdest, und eine freudige, herzliche Zuversicht zu ihm habest.“ Luther vergleicht dann diesen zweiten Teil mit der Sonne. Wenn sie sich über die Erde erhebt und ihre warmen Strahlen sendet, so wird es gut mit den Menschen. Sie fördert das Wachstum der Natur und lässt die Blumen blühen. Was das menschliche Herz aber erst richtig aufblühen lässt, ist das Hören der Gnade Gottes, die er uns in Jesus Christus geschenkt hat. Durch sein Wort und seinen Geist bringt er das Licht der Gerechtigkeit, „dass unser Herz frei macht von allem was es betrübt, finster macht und in Tod und Hölle stürzt.“ Wenn Gott sein Angesicht erhebt dann heißt das, dass er uns sein Wort so lebendig in das Herz spricht dass es neues Leben schafft - Leben in Vergebung und Gnade. Genauso gilt auch das Gegenteil. Wenn Gott sein Wort wegnimmt, dann ist es als ob die Sonne verfinstert wird und kein Licht und damit auch kein Leben mehr da ist. Darum folgert Luther auch: wenn man diesen 2. Segenssatz ernst nimmt heißt es, „dass Gott sein gnädiges Wort reichlich über uns scheinen lasse, damit es in seinem Geist das Wunder der Gnade besorge.“ Dazu muss auch das Gegenteil gesagt werden. In einem Wort aus Hiob 13,24 oder dem Psalm 104,29 wissen wir, wenn Gott sein Angesicht verbirgt, erschrecken die Menschen - Gott erscheint ihnen feindlich und damit ist alles Leben verloren. Mit der Zuwendung seines Angesicht verbindet sich die ganze Lebenskraft die ganze Barmherzigkeit Gottes.
  3. Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. „…und das dritte Stück betrifft auch das geistlich Wesen und die Seele und ist ein Wunsch des Trostes und des Sieges unter dem Kreuz.“ für Luther heißt es zu allererst, wenn Gott sein Angesicht über uns hebt, so ist das das Zeichen des Sieges über alle lebens- und gottesfeindlichen Mächte. Wie ein Adler über seine Jungen wacht, sich in die Lüfte hebt und wachsam umher schaut (5.Mose 32,11), so erhebt Gott sein Angesicht, um uns zu bewahren, um über uns zu wachen. Das größte ist der Friede den dieser Segen uns zuspricht. Im Hebräischen steht hier Shalom. Das ist etwas anderes als ein Waffenstillstand unter befeindeten Menschen. Der Shalom Gottes ist der tiefe Friede, welcher höher ist als alle menschliche Vernunft… Der Friede mit Gott, der Herz und Seele erfüllt und unsere Herzen regieret. Diesen Frieden gewinnen wir durch „das Licht des Wortes Gottes, dass er über uns erhebt und das höher und stärker in unserem Herzen leuchte, denn alle Anfechtung des Teufels, Todes und der Sünde, Verzweiflung, Verzagen, Erschrecken und alles Unglück.

 

Nach alledem können wir doch feststellen, dass meine Handpuppe nicht ganz unrecht hatte. Der Segen ist etwas sehr aktives. Da geht es zur Sache - wenn auch ganz ohne Handschuhe, Helm und Sicherheitsschuhe.

Gott tut eine ganze Menge. Er will, das wir als Gemeinde wie Einer eng verbunden vor ihm stehen. Und doch will er jedem einzelnen in dieser Gemeinschaft das tun, was so viele vor uns in einem Leben unter Gottes Gnade erfahren haben; wie es in einem Leid heißt: „in allen Stürmen in aller Not wird er dich beschirmen der treue Gott“ (Harre meine Seele).

Deswegen ist der Segen also weder ein frommer Wunsch noch ein eindringliches Gebet.

Gott will das wir so mit seinen Worten segnen und gleichzeitig ist er derjenige, der das Ausgesprochene vollziehen wird in unserem Leben als Gemeinde, als Ganzes, und gleichzeitig auch im Leben jedes Einzelnen von uns.

 

Dieser Segen Gottes der höher ist als alle menschliche Vernunft Ware unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen